Wie AssCompact, das Fachmagazin für Risiko- und Kapitalmanagement, berichtet, ist laut aktuellen Zahlen der Aufwärtstrend der Baufinanzierungszinsen vorerst gestoppt und die Zinsen für Immobilienfinanzierungen haben sich in den letzten Wochen wieder leicht abwärts bewegt.
Dass die Konditionen für Immobilienfinanzierungen gesunken sind, führt Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender von Dr. Klein, vor allem auf die im Juli verkündete neue Strategie der EZB zurück. „In der ersten Jahreshälfte sind die Baufinanzierungszinsen leicht gestiegen – bedingt durch die Corona-Impfkampagne und positive Konjunkturaussichten“, so Neumann. „Diesen vorsichtigen Aufwärtstrend hat die EZB mit der neuen Formulierung des Inflationsziels erst einmal abgewürgt. Denn damit hat sie den Märkten zu verstehen gegeben, dass sie auch bei Inflationsraten jenseits von 2% den eingeschlagenen Pfad des Gelddruckens nicht so bald verlassen wird.“
Dieser Effekt dürfte Michael Neumann zufolge in der näheren Zukunft anhalten. Eine Seitwärtsbewegung auf diesem niedrigen Niveau lasse Käufern genug Puffer, die Finanzierung in Ruhe zu planen. Sofern sie nicht von Verkäuferseite unter Zeitdruck stehen. Auch der mittelfristigen Zinsentwicklung sieht der Experte entgegen. „Der Druck auf die EZB durch die steigende Inflation wird zunehmen. Die EZB wird aber weiter für ein künstlich niedriges Zinsumfeld sorgen, sodass zwar auch wieder höhere Baufinanzierungszinsen möglich sind, aber mit einer nur flauen Dynamik und geringem Aufwärtspotenzial“, prognostiziert Neumann.
Mit seiner Einschätzung ist er keineswegs allein. Auch Kurt Neuwirth, Geschäftsführer der Neuwirth Finance GmbH, geht in seinem aktuellem Zinskommentar sowohl bei den kurzfristigen wie auch bei den langfristigen Zinsen von einer Seitwärtsbewegung bis Ende des Jahres aus. Er sieht auch nach wie vor keine größere Gefahr der Überhitzung an den Immobilienmärkten. Trotz der Corona-Krise sei das Kaufpreis-Einkommen-Verhältnis stabil. „Immobilien werden demnach zwar nicht erschwinglicher, jedoch ist mit keiner höheren Belastung des Einkommens durch einen Hauskauf zu rechnen“, meint Neuwirth. Zudem seien die Währungshüter heute wesentlich wachsamer als während der Immobilien- und Finanzkrise vor 13 Jahren. Vom baldigen Platzen einer Immobilienblase sei daher nicht auszugehen.
Dass die zuletzt stark anziehende Inflation die Immobilien- und Baufinanzierungsmärkte maßgeblich beeinflussen werden, glaubt Michael Neumann von Dr. Klein nicht. Der Experte hält zwar eine Inflationsrate von 5% für möglich, das sei aber vor allem für Verbraucher nicht erfreulich. Die Erschwinglichkeit von Immobilien sei von der derzeitigen Inflation dagegen nicht direkt betroffen. „Ob und wie gut sich Privatpersonen Wohneigentum leisten können, hängt vor allem von der Einkommensentwicklung, den Kaufpreisen und den Bauzinsen ab. Und alle diese Faktoren reagieren nicht auf kurzfristige und vorübergehende Inflationsbewegungen wie wir sie zurzeit sehen“, meint Neumann, der zudem davon ausgeht, dass die Inflation 2022 wieder deutlich nachlassen wird. Dann dürfte im kommenden Jahr zusätzlich Druck aus der Aufwärtsbewegung bei den Bauzinsen kommen.
[September 2021]