Wie das IW (Institut der Deutschen Wirtschaft) in einer am 19.01.2023 veröffentlichen Studie festgestellt hat, ist das Angebot an erschwinglichen Wohnraum im Vergleich zu 2022 deutlich gesunken. In der Zusammenfassung wird als Grund hierfür der Baukostenanstieg, die stark gestiegenen Zinsen, die Probleme rund um die Energieversorgung und die Wohnungspolitik, die prozyklisch handelt, gesehen.
Über alle Objekte und Einkommensklassen zeigen sich Rückgänge. Am Beispiel des Einfamilienhauses legt sich offen, dass das bezahlbare Angebot für die 20% einkommensstärksten Haushalte seit Jahresbeginn von 62% auf 47% gefallen ist. Bei einem Haushalt mit einem Medianeinkommen (nicht zu verwechseln mit dem Durchschnittseinkommen, s. unten) beträgt der Anteil nur noch 28% (vorher 40%).
Exkurs Medianeinkommen: Das DIW Berlin (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V.) definiert das Median-einkommen (auch mittleres Einkommen) als das Einkommen, bei dem es genauso viele Menschen mit einem höheren wie mit einem niedrigeren Einkommen gibt. Würde man die Bevölkerung nach der Höhe ihres Einkommens sortieren und dann zwei gleich große Gruppen bilden, würde die Person, die genau in der Mitte dieser Verteilung steht das Median-einkommen beziehen. Das Medianeinkommen – das ausdrücklich nicht identisch ist mit dem Durchschnittseinkommen – wird in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften benutzt, um beispielsweise Armutsberechnungen anzustellen. Es ist robuster gegenüber Ausreißern einer Stichprobe und wird daher oftmals dem arithmetischen Mittelwert (Durchschnitt) vorgezogen.
Im Mittel der Top-7-Städte (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München, Stuttgart) hat sich der Anteil an erschwinglichen Ein- und Zweifamilienhäusern für die einkommensstärksten 20% der Haushalte halbiert (54% weniger). Auch in den an die Top-7 direkt angrenzenden Regionen hat sich der Anteil der erschwinglichen Inserate deutlich reduziert (46% weniger).
Auf der anderen Seite ist seit Jahresbeginn 2022 das Angebot auf Immobilienplattformen im Internet signifikant höher. So waren im Oktober 2022 über ganz Deutschland betrachtet 60% mehr Ein- und Zweifamilienhäuser und 41% mehr Eigentumswohnungen annonciert. Als Begründung sieht das IW die nun höheren Zinskosten. Und es gibt Hinweise darauf, dass höherpreisige Regionen stärker von einer zu erkennenden Kaufzurückhaltung betroffen sind. Dennoch sind die aufgerufenen Kaufpreise (bisher) weitestgehend stabil geblieben.
Das weniger Eigentum nachgefragt wird, hat auch Auswirkungen auf den Mietwohnungsmarkt. Dadurch, dass weniger Mieter in Eigentum ziehen und damit die Nachfrage an Mietwohnungen steigt, erhöht dies den Druck auf die Mieten, die in diesem Jahr wieder stärker gestiegen sind als in den Vorjahren.
Das IW fordert, dass die Wohnungspolitik reagieren muss und eine aktive Wohneigentumspolitik schafft. Hierzu gehören aus Sicht des IW die Einführung einer progressiven Grunderwerbsteuer mit Grundsteuerfreibeträgen für Erstkäufer und Selbstnutzer, die Einführung von Nachrangdarlehen und einer Hypothekenversicherung.
Die 32seitige Studie findet sich auf der Webseite des IW unter iwkoeln.de/studien.
[Februar 2023]