Der Nachfrageboom bei Wohnimmobilien hat dazu geführt, dass viele Verkäufer ihre Immobilie im Bieterverfahren anstatt zu einem festen Preis auf den Markt bringen. Dieser Trend birgt aber für Käufer durchaus Risiken.

Vor allem in Metropolen mit begrenztem Immobilienangebot und hoher Nachfrage haben bislang private Immobilienverkäufer das Bieterverfahren genutzt, um für ihre Immobilie einen möglichst hohen Preis zu erzielen. Doch mittlerweile hat sich dieser Trend laut einer Umfrage des Immobilien-dienstleisters McMakler auch auf das Umland der Metropolen und auf B-Städte ausgeweitet. Sechs von zehn befragten Maklern gaben an, dass sie im Umland von mittelgroßen Städten schon mit dem Bieterverfahren zu tun hatten. Mehr als 70% der Umfrageteilnehmer berichteten von einem Anstieg der auktionsartigen Verkaufsverfahren von 10% oder mehr.

Das Bieterverfahren läuft ähnlich wie eine Auktion ab, allerdings mit einem wichtigen Unterschied: Während bei der klassischen Auktion das Höchstgebot bindend ist, können beim Bieterverfahren sowohl der meistbietende Kaufinteressent als auch der Verkäufer bis zum Notartermin einen Rückzieher machen. Rechtlich bindend wird die Immobilientransaktion erst mit der Unterzeichnung des notariellen Kaufvertrags.

Häufig vereinbaren Makler beim Bieterverfahren einen gemeinsamen Besichtigungstermin für alle Interessenten. Das hat einen psychologischen Grund: Wenn sich möglichst viele Interessenten treffen, entsteht schnell der Eindruck, dass es sich um ein besonders begehrtes Objekt handelt – und das treibt den Preis in die Höhe. Im Anschluss daran haben die Interessenten einige Tage Zeit, um ihr Kaufangebot beim Makler einzureichen.

Nun kann der Verkäufer entscheiden, an welchen Interessenten er die Immobilie veräußert. Häufig handelt es sich um denjenigen, der das höchsten Preis bezahlen will. Wenn dieser noch zu seinem Preisangebot steht, wird ein Notartermin vereinbart.

Für den Verkäufer liegt der Vorteil auf der Hand: Befindet sich die Immobilie in einer begehrten Lage, ist möglicherweise ein Interessent bereit, einen höheren Preis zu bezahlen als den, der bei einem herkömmlichen Inserat aufgerufen worden wäre. Dass diese Strategie funktioniert, bestätigen die Ergebnisse der McMakler-Umfrage. Sieben von zehn Maklern berichteten, dass der erzielte Preis mindestens 10% höher war als der ursprünglich angesetzte Verkaufspreis.

Doch genau in dieser Gewinnchance liegt das Risiko für den Käufer. Wer sich nicht zuvor über die realistischen Kaufpreise in der betreffenden Lage informiert, zahlt einen überhöhten Preis und läuft Gefahr, dass sich aufgrund der Differenz zwischen Kaufpreis und Bankenbewertung der Beleihungsauslauf verändert und die Finanzierung verteuert. Hat der Käufer dazu noch im Bieterwettbewerb höher gereizt als es wirtschaftlich vertretbar wäre, kann sogar der Kauf letztlich daran scheitern, dass sich zu vertretbaren Konditionen kein Finanzierungsgeber findet.

Für die Finanzierung bedeutet dies, hier die besonderen Anforderungen des Bieterverfahrens zu berücksichtigen. Neben dem allgemeinen Limit für eine Finanzierung, das in der Frühphase jeder Beratung ermittelt werden sollte, gilt es auch für die in Frage kommende Immobilie ein realistisches Gebotslimit zu setzen.

So sollten Interessenten unbedingt die marktüblichen Preisen für ähnliche Objekte recherchieren. Wir z.B. unterstützen hier mit den uns zur Verfügung stehenden Tools oder Netzwerkkontakten gern. Auch zeigen wir in dem Zusammenhang anhand einer konkreten Finanzierungsberechnung auf, welche Auswirkungen ein überhöhter Kaufpreis auf den Beleihungsauslauf und die Finanzierungskosten haben würde. Solche praktischen Kalkulationen helfen, sowohl den realistischen Marktpreis als auch die persönlichen finanziellen Möglichkeiten einzuschätzen.

Wichtig ist hier eine gewisse Sensibilisierung des Finanzierungsinteressenten. Denn angesichts der Unwägbarkeiten des Prozesses sollten sich der Kunde nicht auf das Objekt zu sehr versteifen. Gerade in Regionen mit hoher Nachfrage ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein schlecht informierter Interessent die Wettbewerber überbietet und sich die Immobilie – wenn auch zum überhöhten Preis – sichert. Das mag zunächst für Enttäuschung sorgen. Doch nüchtern betrachtet ist es sinnvoller, auf ein Angebot mit marktgerechterem Preis zu warten als im Bieterwettstreit die Tragfähigkeit der Finanzierung zu gefährden.

[März 2021]