Der aktuelle Interhyp-Zinsbericht der Interhyp-Gruppe, mit der wir über deren Tochter Prohyp zusammenarbeiten, hat sich wieder mit Zinsprognosen, u.a. mit Stimmen von einigen Finanzierungsinstituten, beschäftigt. Die Informationen geben wir gerne an dieser Stelle weiter, da sie einen guten Überblick über den Kapitalmarkt und sein Umfeld geben.

Zins- und Marktumfeld:

Wirtschaft und Kapitalmärkte werden derzeit vom Ukrainekrieg und seinen direkten und indirekten Auswirkungen beeinflusst. Vor allem die hohe Inflation, unter anderem ausgelöst durch Materialknappheit und Lieferengpässe sowie die jahrelange Geldpolitik, macht Konsumentinnen und Konsumenten wie auch der Wirtschaft zu schaffen. Sie liegt in den 19 Ländern des Euro-Währungsraums bei 8,60%. In den USA ist sie im Mai auf 8,60% gestiegen, so hoch wie seit 40 Jahren nicht mehr. In Deutschland verringerte sich die Geldentwertung zwar zuletzt leicht auf 7,60%. Von einer Entwarnung kann angesichts einer angestrebten Teuerungsrate von rund 2,00% aber noch lange keine Rede sein.

Die Notenbanken stehen weltweit vor der Mammutaufgabe, die Inflation zu zäumen – ohne dass die Wirtschaft in eine Rezession abdriftet. Die Europäische Zentralbank EZB will bei der nächsten regulären Sitzung die Leitzinsen erstmals seit elf Jahren erhöhen, zunächst um 0,25%-Punkte. Für September hat sie einen weiteren Zinsschritt vorgesehen. Seit 1. Juli tätigt die EZB zudem keine milliardenschweren Netto-Anleihenkäufe mehr.

Die amerikanische Notenbank Fed ist weiterhin einige Zinsschritte voraus. Zur Bekämpfung der Rekordinflation hat sie den Leitzins bereits Mitte Juni deutlich um 0,75%-Punkte erhöht – der größte Schritt seit 1994. Damit liegt die Spanne derzeit bei 1,50% bis 1,75 %.

Nachdem die Notenbanken angesichts diverser Krisen die Märkte über zwei Jahrzehnte hinweg massiv mit Geld geflutet haben, stellt die neue Ära steigender Zinsen die Weltwirtschaft und viele Länder auf eine harte Probe. Die Konjunktur scheint plötzlich erstmals wieder auf sich gestellt und den Regeln und Mechanismen der Marktwirtschaft unterwerfen zu müssen. Die Begleiterscheinungen dieser Realitätskur fallen bisher unterschiedlich aus.

Allerdings haben die Märkte die Zinserwartungen mittlerweile größtenteils eingepreist und momentan wachsen die Sorgen vor einer Rezession. Das hat die Renditen der zehnjährigen Bundesanleihen bereits gedrückt – und an diesen orientieren sich die Bauzinsen.

Ob in den nächsten Monaten die positiven oder negativen Tendenzen überwiegen, wird den Verlauf der Bauzinsen bestimmen. Die meisten Expertinnen und Experten erwarten, dass sich der steigende Trend aufgrund der Inflationserwartungen durchsetzen wird – dass die Konjunktursorgen aber dem allzu großen Anstieg entgegenwirken werden.

Das sagen die Experten:

In den kommenden Wochen erwarten die Expertinnen und Experten mehrheitlich gleichbleibende Zinsen, aber bis zum Jahresende und Mitte kommenden Jahres steigende Zinsen.

Allianz: „Es besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass die Weltwirtschaft in eine Rezession schlittert. Dies drückt auf die Zinsen. Andererseits beeinflusst die Inflation die mittelfristige Entwicklung an den Kapitalmärkten, was steigende Zinsen zur Folge haben sollte. Aus diesem Grund scheint ein leichter Zinsanstieg, der den Inflationsanstieg bei weitem nicht ausgleicht, sehr wahrscheinlich.“

Commerzbank: „Der starke zwischenzeitliche Renditerückgang wegen zunehmender Konjunktursorgen hat gezeigt, dass die Marktteilnehmer zwar an Zinserhöhungen der EZB glauben, aber die Höhe der Zinsschritte keineswegs unumstritten ist. Das Spannungsfeld zwischen weniger Wachstum und mehr Inflation stellt eine Herausforderung für die Notenbanken dar. Je stärker sich der konjunkturelle Ausblick eintrübt, desto mehr könnte die EZB von Zinserhöhungen absehen. Wir gehen davon aus, dass die Inflationsraten noch längere Zeit hoch bleiben werden und der Markt erst noch davon überzeugt werden muss, dass die EZB wirklich primär gegen den hohen Inflationsdruck vorgeht. Bis dahin könnte die Renditekurve noch etwas steiler werden. Es scheint für uns wahrscheinlich, dass die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen die 2%-Marke testen wird. Wir rechnen damit, dass die Renditekurve der Bundesanleihen im Herbst nach der größeren Zinserhöhung im September flacher wird. In den USA könnte, wenn sich eine Rezession klarer abzeichnet, die Renditekurve invers werden.“

Deutsche Bank: „Infolge wachsender Rezessionssorgen sind die Kapitalmarktzinsen zuletzt etwas gesunken. Das könnte für eine Pause beim Aufwärtstrend der Hypothekenzinsen sorgen. Mittelfristig sollte der geldpolitische Straffungskurs der EZB aber zu höheren Renditen im Euroraum führen, was auch die Bauzinsen weiter nach oben treiben dürfte.“

DKB Deutsche Kreditbank: „Für eine Zentralbank ungewöhnlich, hat sich die EZB in der Sitzung am 9. Juni bereits auf eine Zinserhöhung um 0,25% für die Sitzung am 21. Juli festgelegt. Weniger überraschend war die Ankündigung von einer weiteren Zinserhöhung im September. Der Kapitalmarkt wird weiterhin sehr abhängig von der aktuellen Datenlage und den geopolitischen Gegebenheiten sein. Dies führt wahrscheinlich auch die nächsten Wochen zu einer sehr volatilen Seitwärtsbewegung, je nachdem ob mehr die Inflation oder die Rezessionsangst im Fokus steht.“

HypoVereinsbank:  „Inflationssorgen und Zinsanhebungserwartungen drücken die Renditen nach oben, Rezessionsängste drücken sie nach unten. In der zweiten Juni-Hälfte dominierten Rezessionsängste, wodurch das Renditeniveau von seinen vorherigen Hochs etwas zurückkehrte. Im dritten Quartal dürften die Inflationssorgen insgesamt noch die Oberhand behalten, weshalb wir vorübergehend wieder mit ansteigenden Renditen rechnen.“

ING Deutschland: „Mit der gestiegenen Rezessionsgefahr nimmt die Wahrscheinlichkeit stark ab, dass die EZB mehr als eine geldpolitische Normalisierung durchziehen kann. Normalisierung heißt eine Erhöhung des Leitzinses um ca. 100 Basispunkte vor Jahresende. Da das deutlich weniger ist, als der Markt vor kurzem noch erwartet hatte, werden sich die langfristigen Kapitalmarktzinsen eher stabilisieren oder wieder nach unten bewegen als noch weiter zu steigen.“

Münchner Hyp: „Der Rentenmarkt hat den bevorstehenden Straffungszyklus der EZB bereits vorweggenommen und es gab kräftige Zinssteigerungen für längere Darlehenslaufzeiten. Vor allem die hohen Inflationsraten lösten diesen starken Zinsanstieg aus. Diese dürften in der 2. Jahreshälfte leicht rückläufig sein und zusammen mit schwächeren Konjunkturdaten für eine leichte Trendumkehr bei den Renditen sorgen.“

PSD Bank RheinNeckarSaar: „Wir gehen von weiter steigenden Kapitalmarktzinsen aus, weil sich die Inflation nicht wesentlich zurückbilden, sondern eher noch weiter ansteigen wird. Die Erzeugerpreise (zuletzt über 30%) könnten, aufgrund des Umwälzungspotentials, ein Vorbote dafür sein. Möglicherweise duldet die Notenbank höhere Inflationszahlen und reagiert weniger restriktiv als eigentlich notwendig, um nicht die Zahlungsfähigkeit der Staatshaushalte, insbesondere im Süden, zu bedrohen. Dennoch sehen wir eher die Bewegung nach oben als nach unten.“

PSD Bank Rhein-Ruhr: „Aufgrund der Vielzahl der einwirkenden (Sonder-)faktoren (Ukraine-Krieg, Pandemie, Energiewandel, Inflation…) fällt es schwer, eine gesicherte Prognose abzugeben. Gleichwohl deutet alles darauf hin, dass die Zeit der Nullzinspolitik und des daraus resultierenden „billigen Geldes“ vorbei ist. Es ist eher mit noch weiter steigenden denn mit wieder zurückgehenden Zinsen zu rechnen. Dies wird auch durch Signale von Fed und EZB gestützt.“

Santander: „Infolge sich verstärkender Rezessionssorgen haben die Renditen von Anleihen zum Teil deutlich korrigiert. Dabei wurden vor allem sehr starke Anhebungen der Leitzinsen durch führende Notenbanken zum Teil wieder ausgepreist. Wegen der hohen und tendenziell noch steigenden Inflation dürften die Notenbanken aber ihren geldpolitischen Straffungskurs vorerst beibehalten. Daher dürften die Kapitalmarktzinsen in den kommenden Wochen wieder steigen.“

Sparkasse Hannover: Auf der einen Seite zwingt die anhaltend hohe Inflationsdynamik die EZB zu schnelleren und größeren Zinsschritten, auf der anderen Seite begrenzt die zunehmende Belastung der Konjunktur den Anstieg langfristiger Zinsen. Die Gefahr einer Rezession hat sich durch den drohenden Stopp von Erdgaszufuhren aus Russland dabei nochmals erhöht. Auch wenn dieses Szenario vermieden werden kann, dürften die Kreditzinsen bis Ende des Jahres nur noch leicht steigen.“

[Juli 2022]